Ein Interview mit Professorin Katherine Appleton und Dr. Lucy Boxall, Bournemouth University, UK
Ernährungsempfehlungen in aller Welt fordern immer wieder eine Verringerung des Verzehrs von viel freiem Zucker. Allerdings müssen noch wirksame Strategien definiert werden, um eine solche Ernährungsumstellung zu erreichen. Vor diesem Hintergrund wurde in einer kürzlich veröffentlichten randomisierten kontrollierten Studie die Wirksamkeit von drei verschiedenen Arten von Ernährungsempfehlungen im Hinblick auf eine Verringerung der Aufnahme von freiem Zucker untersucht und ihre Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Ernährung und gewichtsbezogene Ergebnisse über einen Zeitraum von zwölf Wochen bewertet.
In diesem Interview befragten wir die Leiterin der Studie, Prof. Katherine Appleton, Professorin für Psychologie an der Universität Bournemouth, UK, und die Doktorandin Lucy Boxall zu den Ergebnissen und der Bedeutung ihrer Studie sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus gesundheitspolitischer Sicht.
ISA: Worum ging es in Ihrer neuen Studie?
Prof. Katherine Appleton: In einer Reihe früherer Studien wurde mit verschiedenen Methoden versucht, die Aufnahme von freiem Zucker zu reduzieren, und in unserer Studie wollten wir einfach drei dieser Methoden vergleichen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Studie erhielten entweder nährstoffbezogene Informationen über freie Zucker (Gruppe N), oder sie erhielten diese Informationen und zusätzlich Informationen über Lebensmittel mit hohem Gehalt an freien Zuckern (Gruppe NF), oder sie erhielten diese Informationen und zusätzlich Informationen über mögliche Lebensmittelersatzstoffe (Gruppe NFS). Alle Empfehlungen basierten auf den von der britischen Regierung zur Verfügung gestellten Informationen, die zu einem einzigen Zeitpunkt gegeben wurden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dokumentierten daraufhin ihre Ernährungsgewohnheiten, füllten einige Fragebögen aus und wurden in den folgenden 12 Wochen gewogen und gemessen. Eine Kontrollgruppe dokumentierte ebenfalls ihre Ernährungsgewohnheiten, füllte die Fragebögen aus und wurde gewogen und gemessen, erhielt aber keine Informationen. Wir interessierten uns für die Auswirkungen der verschiedenen Arten von Ernährungsinformationen auf die Aufnahme von freiem Zucker, andere Aspekte der Ernährung und das Körpergewicht. Für jede der Studiengruppen wurden ca. 60 Personen rekrutiert, ohne dass sie eine Wahlmöglichkeit hatten, in welche Gruppe sie eingeteilt wurden.
ISA: Wie haben sich die verschiedenen Arten von Ernährungsempfehlungen auf die Aufnahme von freiem Zucker und die allgemeine Ernährungsqualität der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgewirkt?
Lucy Boxall: Im Durchschnitt verringerten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der drei Gruppen, die die Informationen erhielten, ihre Aufnahme von freiem Zucker von etwa 10 % ihrer Gesamtenergieaufnahme auf etwa 7 %, während die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kontrollgruppe ihre Aufnahme von freiem Zucker nur auf etwa 9 % reduzierten. In Bezug auf andere Aspekte ihrer Ernährung fanden wir keine Auswirkungen auf den Verzehr bestimmter Lebensmittel, aber die Energiezufuhr aus anderen Kohlenhydraten ging ebenfalls zurück, während die Energiezufuhr aus Proteinen anstieg. Bemerkenswert ist, dass der Fett- und Salzkonsum offenbar nicht zunahm.
ISA: Wie haben sich die verschiedenen Interventionen auf das Körpergewicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgewirkt?
Lucy Boxall: In den drei Gruppen mit Ernährungsberatung wurde nach 12 Wochen ein niedrigeres Körpergewicht festgestellt, wenn man das Körpergewicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Beginn der Studie berücksichtigt. Diese Veränderungen zeigten eine durchschnittliche Verringerung des Körpergewichts um etwa 1 kg in allen Gruppen, verglichen mit einer Verringerung von 0,2 kg in der Kontrollgruppe.
ISA: War irgendeine der Versionen von Ernährungsempfehlungen leichter zu befolgen?
Lucy Boxall: Im Rahmen der Studie haben wir auch gemessen, wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Beratung empfanden und wie sie die Höhen und Tiefen des 12-wöchigen Zeitraums erlebten. Diese Daten werden derzeit für die Veröffentlichung aufbereitet und werden hoffentlich bald verfügbar sein.
ISA: Welche Bedeutung haben die Ergebnisse Ihrer Studie aus Sicht der öffentlichen Gesundheit?
Prof. Katherine Appleton: Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die derzeitigen Leitlinien der britischen Regierung den Menschen helfen können, ihre Aufnahme von freiem Zucker zu reduzieren, um sich gesünder zu ernähren. Auch andere Ernährungsgewohnheiten haben sich verbessert, und wir konnten keinen Anstieg der Fett- oder Salzaufnahme feststellen. Die Wirkungen wurden zudem bereits nach einer Woche erreicht und hielten während des gesamten 12-wöchigen Untersuchungszeitraums an. Es ist jedoch wichtig hinzuzufügen, dass unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer alle Freiwillige waren und motiviert waren, ihre Ernährung im Rahmen der Studie zu ändern. Diese Motivation dürfte zu unseren Ergebnissen beigetragen haben. Wir fanden außerdem keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten der bereitgestellten Informationen und keine Unterschiede zwischen den Gruppen in Bezug auf den Konsum bestimmter Lebensmittel. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kleine und vielfältige Änderungen an ihrer Ernährung vornahmen, die, wenn man sie in die einzelnen Nährstoffe zerlegt, eine gesündere Ernährung erkennen lassen. Sie legen zudem nahe, dass es sinnvoll ist, den Menschen eine Reihe von Optionen und eine freie Wahl zu bieten, wenn sie ihre Ernährung ändern wollen.
ISA: Welche Rolle könnten kalorienarme/-freie Süßstoffe auf der Grundlage der Studienergebnisse und der gesamten Literatur bei den Empfehlungen zur Reduzierung der Aufnahme von freiem Zucker spielen?
Prof. Katherine Appleton: Eine dieser Optionen könnte die Verwendung von kalorienarmen/-freien Süßstoffen sein. Wir haben keine spezifischen Auswirkungen der Ratschläge zu kalorienarmen/-freien Süßstoffen gefunden, auch nicht auf den Verzehr von kalorienarmen/-freien Lebensmitteln, aber kalorienarme/-freie Süßstoffe können in Abwesenheit von Zucker für einen süßen Geschmack sorgen und es den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ermöglichen, eine schmackhafte Ernährung aufrechtzuerhalten, die sonst vielleicht schwer einzuhalten wäre. Weitere Untersuchungen in diesem Bereich sind derzeit im Gange.